Die 8 Stunden von Bahrain markierten den vorläufigen Schlusspunkt im Werks-Engagement von Porsche in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). Der Ausstieg kam 2025 wie ein Schock und wirkt in den unzähligen Erfolgsmeldungen der Hypercar-Klasse wie ein seltsamer Fremdkörper.
Der Ausstieg, das lässt sich zwischen den Zeilen im Gespräch mit Porsche-Vertretern herauslesen, war nicht allein auf die wirtschaftlichen Probleme der Marke zurückzuführen. Der Frust über die nach Ansicht von Porsche fehlenden gleichen Chancen zwischen LMH- und LMDh-Boliden und über die fehlenden Fortschritte bei einer Angleichung der Konzepte waren wichtige Komponenten bei der Entscheidung, die IMSA der WEC vorzuziehen.
Das kam beim ACO alles andere als gut an. Nachdem es beim Hypercar-Reglement ständig nur bergauf zu gehen schien, passt der Ausstieg überhaupt nicht ins Bild. Dass Porsche dann auch noch der IMSA den Vorzug gibt, ist ein klares Zeichen. Ein Ausstieg aus beiden Serien wäre für den ACO wahrscheinlich einfach zu verkraften gewesen.
Entsprechend tief sitzt der Stachel. Wie tief, das zeigte sich auf der WEC-Saisonabschlussfeier in Zallaq im Anschluss an das Finale auf dem Bahrain International Circuit.
Während Jenson Button und der langjährige WEC-Fotograf Andrew "Skippy? Hall, der aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen eine sehr beeindruckende und inspirierende Geschichte vorzuweisen hat, gebührend verabschiedet wurden, wurde Porsche Penske Motorsport bei den Awards in keiner einzigen Silbe erwähnt. Das einzige Mal, dass Porsche genannt wurde, war bei der LMGT3-Preisverleihung.
Umso gesprächiger waren allerdings die Gegner, die das Porsche-Aus bedauern. Motorsport-Total.com und die englischsprachige Schwesterplattform Motorsport.com Global befragten zahlreiche Konkurrenten, was sie zum Porsche-Aus zu sagen haben.
Ferrari
Ferdinando Cannizzo, Head of Endurance Race Cars bei Ferrari, sagt in Bahrain, dass der Ausstieg von Porsche einen deutlichen Einschnitt für die WEC bedeutet. Gleichzeitig hofft er, dass der langjährige Konkurrent - im Automobilbau wie im Motorsport - in den kommenden Jahren zurückkehrt.
"Das sind keine guten Nachrichten - weder für die Meisterschaft, noch für den Sport, noch für uns", sagt er. "Wir respektieren die Entscheidung unseres Wettbewerbers, aber unser Wunsch ist, Porsche in den nächsten Jahren wiederzusehen.
"Porsche und Ferrari sind die beiden Hersteller mit der größten Tradition im Langstrecken-Sport. Für alle Marken im Fahrerlager wäre es ein Traum, Porsche wieder dabei zu haben."
Antonello Coletta, Global Head of Endurance and Corse Clienti, fügt hinzu: "Als die Kollegen von Porsche zu mir kamen, um mir zum Titel zu gratulieren, habe ich ihnen geantwortet, dass es für uns sehr wichtig ist, wenn sie bald wieder zurückkommen. Denn wenn wir mehr Konkurrenten haben, ist das besser als weniger, das ist klar."
Alpine
Alpine-Teamchef Philippe Sinault schließt sich dieser Einschätzung an, verweist aber zugleich auf die schwierigen Rahmenbedingungen, denen Automobilhersteller derzeit gegenüberstehen:
"Es sind sicher schlechte Nachrichten. Eine Marke wie Porsche gehört einfach zur Langstrecke. Alpine sucht den Wettbewerb. In der Geschichte von Alpine gab es immer diesen Fight mit Porsche - im Rallyesport und im Endurance-Bereich. Als wir die Info bekamen, waren wir sehr traurig."
"Aber das ist Teil der neuen Realität, besonders in der Automobilindustrie. Manchmal entscheiden die Unternehmen, ein Programm zu beenden."
Toyota
Die Rivalität zwischen Porsche, Toyota und Audi prägte die LMP1-Ära, in der die drei Hersteller Mitte der 2010er-Jahre die Klasse dominierten. Mit dem Einstieg von Porsche in die Hypercar-Klasse wurde auch das Duell mit Toyota neu entfacht. 2024 teilten sich beide Marken die Fahrer- und Herstellermeisterschaft.
Zur Entscheidung der Stuttgarter sagt Kazuki Nakajima, Vizepräsident von Toyota Gazoo Racing: "Es sind traurige Nachrichten. Gleichzeitig hatten wir das Glück, in den vergangenen drei Jahren gegen eine so große Marke antreten zu dürfen. Für uns war das eine Ehre."
Cadillac
Neben dem Werkseinsatz gemeinsam mit Penske lieferte Porsche auch Kundenfahrzeuge an Teams in IMSA und WEC. Am erfolgreichsten war bislang Jota Sport, das den 963 in den Jahren 2023 und 2024 in der Hypercar-Klasse einsetzte, bevor das Team zur Saison 2025 eine Werkskooperation mit Cadillac einging.
Jota-Teamchef Dieter Gass bezeichnet den Rückzug als schade für die WEC. "Porsche gehört einfach zum Langstreckensport. Die Marke ist seit so langer Zeit dabei. Es ist ein Name, der für die Serie wichtig ist - für den Markt und für die Meisterschaft. Deshalb ist es schade."
"Und ganz persönlich finde ich es schade, dass Projektleiter Urs Kuratle, mit dem ich in den vergangenen Jahren sehr viel zu tun hatte, nicht mehr Teil der Meisterschaft sein wird. Er ist ein Racer, mit dem man wirklich gut zusammenarbeiten kann."
BMW
Nach Audi ist Porsche bereits der zweite deutsche Hersteller, der sein Hypercar-Programm beendet. Damit steht BMW 2026 als einziges deutsches Werksteam in der Topklasse der WEC. "Ich bin ehrlich gesagt traurig", sagt Andreas Roos. "Es ist schade, dass Porsche geht, denn Porsche war immer ein toller Konkurrent.
"Besonders für uns als deutschen Hersteller ist es bedauerlich - wir sind jetzt die einzigen Deutschen im Hypercar. Wir hoffen natürlich, dass sie irgendwann zurückkommen. Porsche hat eine enorme Tradition im Langstrecken- und GT-Sport. Sie haben immer noch die meisten Gesamtsiege in Le Mans."
"Deshalb ist es traurig, sie ziehen zu sehen. Aber angesichts der schwierigen Lage der Automobilindustrie sind manche Entscheidungen nachvollziehbar. Auch wir müssen realistisch bleiben."
Porsche hatte für sein Hypercar-Comeback mit Team Penske zusammengearbeitet und sowohl in der WEC als auch in der IMSA GTP an den Start gebracht. Roger Penske selbst hatte dabei ein Ziel: endlich den ausstehenden Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans zu holen. Dieses Ziel bleibt nun erst einmal unerfüllt, nachdem Porsche in Le Mans 2025 knapp von Ferrari geschlagen wurde.
WRT-Teamchef Vincent Vosse, dessen Mannschaft nach Audis abgesagtem LMDh-Projekt zu BMW wechselte, bedauert den Verlust gleich doppelt: Porsche und Penske.
"Man muss positiv bleiben - es gibt genug Hersteller in der Meisterschaft. Aber es gibt eben nur ein Porsche", sagt Vosse. "Kaum ein Hersteller hat so viel zur Geschichte des Langstreckensports beigetragen. Und ein Team wie Penske zu verlieren, das für mich in den vergangenen zwei Jahren der Maßstab war, ist ebenfalls bitter.
"Für Roger Penske tut es mir leid, dass er nicht weiter um den Sieg in Le Mans kämpfen kann. Ich respektiere ihn und das, was er aufgebaut hat, sehr. Und natürlich sind es schlechte Nachrichten, dass Porsche geht. Es geht nicht nur um die Anzahl der Autos, sondern darum, wer die Serie verlässt - ein Team und ein Hersteller."
In der IMSA SportsCar Championship werden Porsche und BMW weiterhin gegeneinander kämpfen. Dort werden sich auch WRT und Penske wieder begegnen, denn die belgische Mannschaft übernimmt den BMW-Einsatz von RLL.
