Auf den "Inseln" läuft es noch nicht für Florian Witz. Auch im WM-Qualispiel gegen Nordirland lässt er die alte Leichtigkeit vermissen. Eine Szene (oben im Video) gerät dabei zum Sinnbild der aktuellen Wirtz-Krise.
Dann musste Florian Wirtz auch noch Hohn und Spott über sich ergehen lassen.
Nach einem Zweikampf in der 53. Minute im Sechzehner fiel der deutsche Spielgestalter zu Boden – zu wenig für den Schiedsrichter, viel zu viel für die nordirischen Fans, die dem Deutschen eine glatte Schwalbe unterstellten und ihn fortan bei Ballbesitz laut ausbuhten. Es war eine Szene mit Symbolcharakter.
Die Situation und das gesamte Spiel zeigen anschaulich, was passiert, wenn die Leichtigkeit fehlt. Denn auch im WM-Qualispiel gegen Nordirland (1:0) gelang dem Zauberfuß kein Befreiungsschlag. Vielmehr ist weiter von Formkrise die Rede.
Für ntv-Reporter Timo Latsch ist Wirtz einer der Verlierer der Länderspielphase. "Es war keine gute Leistung. Zweikampfschwach, ohne Bindung zum Spiel." Das Fazit: "Bei ihm ist auf jeden Fall noch jede Menge Luft nach oben."
Die Highlights der Partie
Gut möglich, dass bei den Buhrufen der Zuschauer auch die neue prominente Rolle von Wirtz im Vereinigten Königreich einen größeren Einfluss hatte.
Seit dem Sommer kickt Wirtz in England, nicht für irgendeinen Klub, sondern den amtierenden Meister FC Liverpool. Und dann kam er auch noch als Rekordtransfer – für rund 150 Millionen Euro. Für diese Summe kann er freilich nichts. Aber: Wirtz ist eben ein Versprechen für die Zukunft.
Zäher Start beim FC Liverpool
Die Gegenwart bei den Reds sieht wenig spektakulär aus, sondern passt zum englischen Wetter. In der Liga kam er sieben Mal zum Einsatz, erzielte dabei noch keinen Scorerpunkt. Das wird von den Fans und vor allem der teils sehr harten Medien und ihren TV Experten gnadenlos inspiziert und in der Kritik-Pfanne heiß angebrutzelt.
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Da hilft es eher weniger, dass Wirtz-Verteidiger wie Trainer Arne Slot, Ex-DFB-Kapitän Ilkay Gündogan oder Bundestrainer Julian Nagelsmann darauf hinweisen, dass er die meisten Chancen in der Premier League kreiert habe und die Teamkollegen eben zu wenig daraus machten.
Das stimmt zwar. Mitunter wirkt es aber so, als fehle Wirtz noch etwas die Bindung ans Team. So richtig angekommen in der neuen Liga mit der deutlich stärkeren Physis, Dynamik und Körperlichkeit im Vergleich zur Bundesliga ist er noch nicht, darin sind sich fast alle einig.
Daher sollte die Länderspielreise eigentlich ein Selbstvertrauensbooster für Wirtz werden. Gegen Fußball-Zwerg Luxemburg zeigte der Trend leicht nach oben: Wirtz spielte viele gute Pässe. Die ganz großen Glanzmomente oder Torbeteiligungen gab es aber nicht, dafür war es wohl auch nicht die Partie.
Doch der leichte Aufwind wurde dann im Spiel gegen Nordirland wieder gestoppt. Sein erster Torschuss landete extrem weit über dem Tor im Belfaster Nachthimmel, was schnell für geifernden Spott sorgte.
Schwalben-Vorwurf: Fans schießen sich auf Wirtz ein
Die Nordiren hatten Wirtz über weite Strecken im Griff. Auch dieser fahrigen Quali-Partie konnte er nicht seinen Stempel aufdrücken.
Erschwerend kam hinzu, dass die attestierte Schwalben- bzw. Fallsucht auf der Insel nicht gut ankam, weder in England noch in Nordirland. Das ließen ihn die Fans im Hexenkessel dann auch den Rest der Partie über spüren.
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Lichtblick war zu Beginn der zweiten Halbzeit der schöne Steilpass in den Lauf von Karim Adeyemi. Der Dortmunder Offensivwirbelwind vergab die große Chance zum 2:0 allerdings freistehend vor dem nordirischen Keeper.
Die englische Presse holte nach dem Spiel die Lupe raus. "Wer in Belfast nach einer Bestätigung dafür gesucht hat, dass Florian Wirtz seine Ablösesumme von 116 Millionen Pfund wert ist, wurde nicht fündig", schrieb der "Guardian". "Stattdessen war es Nick Woltemade, der dank seines ersten Länderspieltores seinen Status als Deutschlands Mann der Stunde untermauerte."
Den entscheidenden Treffer erzielte nämlich der Ex-Stuttgarter mit der Schulter. Auch er ist seit dem Spätsommer ein England-Legionär, der sich aber deutlich schneller mit der neuen Rolle zurechtgefunden hat.
Florian Wirtz: Wann kommt der Turnaround?
So bleibt man nach der Länderspielreise mit größeren Fragezeichen zurück, die vor allem lauten: Wie und wann kommt Wirtz wieder in Top-Form?
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Dass er in Liverpool für mehr Scoring sorgen wird, dürfte nur eine Frage der Zeit sein. Darauf muss auch das DFB-Team hoffen. Es liegt nahe, dass das Team bei der WM 2026 nur mit einem Wirtz in Top-Form, bestenfalls mit einem wiedergenesenen Jamal Musiala an seiner Seite im Kreativzentrum, für Furore sorgen kann.
Und nun sollte man die Situation auch nicht schlimmer machen, als sie ist. Mit 22 Jahren kann man einem Spieler eine Formdelle zugestehen. Wirtz spielt immer noch Stamm in einem der besten Teams der Welt. Das DFB-Team ist wieder Tabellenführer in der Quali-Gruppe.
Vielleicht gelingt Florian Wirtz schon am Wochenende der Form-Turnaround. Dann trifft Liverpool auf Manchester United (Sonntag, 17:30 Uhr). Und im November steigt schon das Quali-Finish des DFB-Teams mit dem möglichen "Endspiel" gegen die Slowakei. Auch auf Wirtz wird es ankommen.

































