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Sa, 13.09. - So, 21.09.

"Die Leute haben Bock auf die WM"

WM-Hoffnung Kolberg exklusiv: "Lasst uns das rocken!"

Will mindestens ins Halbfinale der Leichtathletik-WM: 800-m-Läuferin Majtie Kolberg
Will mindestens ins Halbfinale der Leichtathletik-WM: 800-m-Läuferin Majtie Kolberg
Foto: © IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/R. Schmitt
13. September 2025, 16:41

800-Meter-Läuferin Majtie Kolberg geht ihre bereits dritten Leichtathletik-Weltmeisterschaften an. Im exklusiven Interview mit sport.de spricht die 25-Jährige über ihre Vorbereitung, taktische Spielchen und warum es in ihrem Rennen durchaus eine Überraschung geben könnte. Nach einer Woche im Pre-Camp sagt Kolberg auch: Im deutschen WM-Team ist die Vorfreude groß, die WM von Budapest ist überhaupt nicht mehr in den Köpfen. In Tokio (13. bis 21. September) soll es wieder Edelmetall für Deutschland geben!

Frau Kolberg, Sie befinden sich noch im Pre-Camp in Miyazaki, wie waren die ersten Tage in Japan? Wie klappt es mit der Akklimatisierung vor Ort? Es ist ja sehr heiß …

Majtie Kolberg: "Eigentlich sehr gut! Ich bin seit fünf Tagen hier. Der erste Fuß aus dem Flughafen heraus war schon taff. Es ging von 20 Grad in Europa zu 36 Grad mit hoher Luftfeuchtigkeit, da musste ich kurz schlucken. An die Hitze muss man sich gewöhnen. Die ersten zwei Tage haben wir dann nur abends und ganz locker trainiert, aber der Ort ist sehr idyllisch, wir sind direkt am Meer. Es ist ein großer Segen, hier herunterkommen zu können, in guter Gesellschaft und mit gutem Essen, um dann ausgeruht und frisch nach Tokio zu kommen, wo es sicher wuseliger sein wird. Aber das brauche ich dann auch für den Wettkampf."

Am Sonntag geht es für Sie dann nach Tokio weiter. Dort greifen Sie bei der WM recht spät ein, Ihr 800-Meter-Vorlauf ist am 18. September. Steht jetzt noch viel Training an? Sind da auch richtig harte Einheiten darunter?

"Ich habe am Mittwoch, also acht Tage vor meinem Vorlauf, eine letzte harte Einheit gemacht. Ab jetzt kann man nicht mehr viel falsch machen – außer, wenn man zu viel macht. Weniger ist mehr, das ist unser Motto. Ich versuche, jeden Tag ein bisschen was zu machen, um erholt auf Spannung zu bleiben. Es geht jetzt nur noch darum, mir ein positives Gefühl in den letzten Einheiten abzuholen. Die Arbeit habe ich in den letzten Monaten getan."

Freuen Sie sich, dass Ihre Läufe spät während der WM sind oder hätten Sie es lieber früher hinter sich gebracht? Das Finale der 800 m wäre am letzten Wettkampftag …

"Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass die 800 m oft spät im Verlauf solcher Meisterschaften sind. Ich weiß damit umzugehen, aber es ist immer einfacher, wenn man früh durch ist und dann die anderen anfeuern kann. Ich fiebere jetzt mit den anderen mit, muss mich aber auch auf mich selbst konzentrieren. Auf der anderen Seite ist es cool später dran zu sein, weil dann vielleicht ein paar mehr Leute ins Stadion kommen."

Die Arbeit ist getan, haben Sie gesagt. Blicken wir einmal kurz zurück. Pünktlich im letzten Wettkampf haben Sie in Trier die Zwei-Minuten-Marke (1:59.52 Min.) geknackt, nachdem Sie zuvor in einem taktisch geprägten Rennen bei den Deutschen Meisterschaften Zweite (2:03.33 Min.) wurden. Wie viel Selbstvertrauen gibt Ihnen jetzt dieser letzte Wettkampf?

"Bei den 800 Metern geht es oft taktisch zu, bei den Deutschen Meisterschaften war es kein 1:58-Rennen, das man von vorne wegläuft. Wir wussten beide, die Siegerin und ich, dass wir nicht die Form von 2:02 oder 2:03 Minuten hatten. Es war eben ein taktisches Rennen. Ich bin nach den Meisterschaften nochmal ins Trainingslager gefahren, hab mich da ein bisschen gesammelt, weil ich noch nie im Leben so eine lange Saison gemacht habe, die bis in den September reingeht. Ich kam dann aus dem Höhentrainingslager direkt nach Trier, ich komme aus Ahrweiler ganz in der Nähe.

Meine Eltern kamen zugucken und ich hatte dadurch ein heimisches Gefühl, zudem wusste ich, dass ich fit war und drei Wochen gut trainiert hatte. Schon beim Warm-up wusste ich, dass es schnell werden könnte. Dass ich dann auch noch den ersten Platz belegen konnte, ist umso cooler und ein gutes Zeichen für Tokio. Das war nach der Halle mein erster Sieg, das nehme ich als Motivation gerne mit."

Sie fühlen sich nicht nur in Ihrer Heimat wohl, sondern auch in den großen Stadien. Das wird deutlich, wenn man sich Ihre Zeiten bei den letzten Großereignissen anschaut, also in Rom und Paris – wo Sie je zweimal unter 2 Minuten geblieben sind und sogar die persönliche Bestzeit aufgestellt haben. Wie kommt das? Ist das der Zusatzdruck, weil mehr Augen auf Sie gerichtet sind? Sind das die Zuschauer?

"Ich glaube, da entsteht so eine Art Sog durch die Zuschauer. Man saugt die Atmosphäre auf, wenn man in die Ränge blickt und vertraute Menschen sieht, die für einen ins Stadion gekommen sind und den Sport, die Leidenschaft feiern. Dann will man auch zeigen, was man kann. Man wird beflügelt. Das habe ich vor allem in Paris und Rom gemerkt. Und ich kann gut mit den Emotionen umgehen, während es für manche eher Druck bedeutet."

Mit welcher Leistung oder mit welchem Ergebnis wären Sie denn nun bei dieser WM zufrieden? Was ist Ihr Ziel?

"Auf jeden Fall das Erreichen des Halbfinals, das habe ich bei einer WM (2022 in Oregon, Anm. d. Red.) schon einmal geschafft. Das ist mein Hauptziel. Die Frage ist, inwiefern ich die Zeiten meiner bisherigen Saison toppen kann. Es ist gerade schwierig, weil ich ein neues Trainingssystem angewendet habe und man nicht so einfach sagen kann, in welcher Verfassung ich jetzt wirklich bin. Durch die vielen neuen Trainingsinhalte, die neuen Impulse und die neue Trainingsphilosophie ist es ein wenig eine Überraschungskiste. Ich bin selbst ganz gespannt, aber natürlich positiv gestimmt. Ich will taktisch gut laufen, damit ich mir nichts vorwerfen kann. Die 800 m sind immer für eine Überraschung gut …"


Hier geht es zum Zeitplan der Leichtathletik-WM in Tokio


Stichwort Taktik: Gibt es Konkurrentinnen, auf die Sie im Vorfeld blicken?

"Man wird auf jeden Fall mit einer der Top-Favoritinnen, die um die 1:55 Minuten laufen, in einem Vorlauf landen. Da stellt sich dann die Frage: Machen die einen dankbaren oder weniger dankbaren Lauf, weil sie schon sehr überlegen sein könnten. Man muss sich anpassen und sehen, was die machen und dementsprechend agieren. Zum Beispiel könnte die Top-Favoritin plötzlich die erste Runde ganz langsam laufen, obwohl ihre Bestzeit fünf Sekunden schneller ist. Da muss man handeln und sagen: Nein, auf so einen langsamen Lauf lassen wir uns nicht ein. Dann muss man sich auch trauen, eine solche Läuferin zu überholen und sich taktisch nicht veräppeln zu lassen."

Sie sind jetzt seit einigen Tagen mit den anderen deutschen Athletinnen und Athleten zusammen. Wie ist aktuell die Stimmung im Team?

"Ich weiß nicht, ob es an der guten Leichtathletik-Saison liegt, aber ich habe das Gefühl, dass die Stimmung sehr, sehr positiv ist. Die Leute haben Bock auf die Tokio-Weltmeisterschaften. Alle sind motiviert. Auch in der Teambesprechung wurde gesagt: Wir sind gut drauf, lasst uns das rocken! So eine gute Stimmung habe ich lange nicht mehr gespürt."

Das war auch schon mal anders, schnell wandern die Erinnerungen an die WM vor zwei Jahren in Budapest, als keine einzige Medaille gewonnen werden konnte. Ist das noch Thema unter den Athletinnen und Athleten?

"Nein, gar nicht. Man darf nicht zu sehr in die Vergangenheit blicken, auch nicht zu doll in die Zukunft – sondern man muss im Hier und Jetzt leben und handeln. Jeder Athlet wird hier alles geben, um einen guten Wettkampf zu machen. Es ist egal, was in Budapest passiert ist und was in zwei Jahren in Peking passiert. Ich bin mir sicher, dass das Ergebnis gut sein wird."

Begeben Sie sich für uns aufs Glatteis: Wer aus dem deutschen Team hätte aus Ihrer Sicht denn gute Aussichten auf eine Medaille?

"Ich würde sagen, dass in den technischen Disziplinen – Wurf und Sprung - einiges rausgeholt werden kann. Aber auch im Laufbereich könnte eine Medaille fallen. Namen werde ich aber nicht nennen, das ist Aufgabe der Presse. Ich habe meine Favoriten."

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg!

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