Seit Montagabend ist das Transferfenster in den europäischen Top-Ligen geschlossen, so auch in der Fußball-Bundesliga. Während Vizemeister Bayer Leverkusen einen nie da gewesenen Aderlass zu verkraften hat, wird Borussia Dortmund für seine lang anhaltende Transferflaute kritisiert. Auch auch der FC Bayern hat längst nicht alle Spieler bekommen, die er gerne geholt hätte. Das sport.de-Transferzeugnis für die deutschen Top-Teams, die in zwei Wochen in die Champions League starten werden.
FC Bayern: Zu viele Absagen und ein Panikkauf
Nicht weniger als 16 (!) Spieler hat der deutsche Meister in diesem Sommer verkauft, verliehen oder ablösefrei abgegeben. Darunter prominente Namen wie Thomas Müller, Kingsley Coman, Leroy Sané, Mathys Tel oder Paul Wanner.
Die Münchner um Sportvorstand Max Eberl haben somit zwar gleich mehrere Spitzenverdiener von der Gehaltsliste bekommen. Ob der enorme Qualitätsverlust, der durch die Abgänge mehrerer Nationalspieler vor allem im Offensivbereich zweifelsfrei stattgefunden hat, adäquat aufgefangen werden kann, darf aber getrost bezweifelt werden.
Auf der Seite der Zugänge landete der FC Bayern zunächst zwei Coups, holte mit dem neuen Abwehrchef Jonathan Tah und Mittelfeld-Juwel Tom Bischof gleich zwei Hoffnungsträger zu einem Schnäppchenpreis.
Danach allerdings wurde es ziemlich zäh. Wochenlang passierte nicht mehr viel, der FC Bayern geriet in einen Transferstau. Vermeintliche Wunschspieler wie Nick Woltemade, Nico Williams oder Christopher Nkunku kamen aus unterschiedlichen Gründen nicht. Stattdessen heißt der Königstransfer in diesem Sommer jetzt Luis Diaz, der für 70 Millionen Euro vom FC Liverpool gekauft wurde.
Kurz vor Toreschluss gab der Rekordmeister noch ein überaus teures Leihgeschäft mit Nicolas Jackson bekannt. Ein Deal, der alleine an Leihgebühr über 16 Millionen Euro verschlingen wird.
Unter dem Strich verfestigte sich der Eindruck, dass der FC Bayern zu viele Personalien nicht realisieren konnte und am Ende mit Nicolas Jackson einen Panikkauf tätigte, der von RTL-Experte Patrick Helmes als "unglaublich" und "völlig überteuert" abgewunken wurde.
Die sport.de-Transfernote für den FC Bayern: 5,0
Bayer Leverkusen: Ein nie da gewesener Aderlass
Was haben Florian Wirtz, Jeremie Frimpong, Amine Adli, Odilon Kossounou, Granit Xhaka, Lukas Hradecky, Jonathan Tah, Piero Hincapie, Victor Bonicace und Gustavo Puerta gemeinsam? Sie feierten im Sommer 2024 mit Bayer Leverkusen den größten Erfolg der Vereinsgeschichte, gewannen und Erfolgstrainer Xabi Alonso das Double aus Meisterschaft und Pokalsieg.
Alle diese Bayer-Stars, darunter die wichtigsten Führungsspieler und besten Kicker der Werkself, haben den Verein keine eineinhalb Jahre nach den historischen Titelgewinnen in diesem Sommer verlassen und sorgten damit für einen nie da gewesenen Aderlass.
In gewisser Weise waren den Bayer-Bossen die Hände gebunden, wollten viele Leverkusen-Stars nach dem Abschied von Xabi Alonso in diesem Sommer doch einfach nur noch weg. Trotzdem ist der Substanzverlust, dem die Vereinsführung um Fernando Carro und Simon Rolfes zugestimmt hat, trotz der Rekordeinnahmen von weit über 200 Millionen Euro schlichtweg eklatant und wirft die Mannschaft in ihrer Entwicklung wieder um Jahre zurück.
Die teuren Neuverpflichtungen um Malik Tillman, Jarell Quansah, Eliesse Ben Seghir oder Loic Badé müssen allesamt noch den Nachweis erbringen, in einer europäischen Top-Liga konstant zu performen.
Das große Trainer-Missverständnis mit Erik ten Hag, der nach nur zwei Bundesliga-Spieltagen entlassen wurde, befeuert den Eindruck, dass Bayer Leverkusen in 2025/2026 eine ganz, ganz komplizierte Saison droht.
Die sport.de-Transfernote für Bayer Leverkusen: 5,0
Eintracht Frankfurt: Keine Kaderfragen blieben offen
Trotz der empfindlichen Abgänge mehrerer Leistungsträger wie Hugo Ekitike, Tuta und Kevin Trapp ist es der Eintracht zum wiederholten Mal gelungen, mit kluger Kaderplanung auf die Wechsel zu reagieren.
Allzu viel haben die Hessen gar nicht gemacht, haben mit den Einkäufen von Jonathan Burkardt, Ritsu Doan und Michael Zetterer aufgekommene Kaderlücken direkt wieder geschlossen und mit Love Arrhov noch einen vielversprechendes Offensiv-Juwel geholt.
Das Gerüst von Cheftrainer Dino Toppmöller steht - wichtiger noch: Es funktioniert, wie die eindrucksvollen Siege in der bisherigen Saison gegen Werder Bremen (4:1) und 1899 Hoffenheim (3:1) belegten.
Dort, wo es nötig war, hat Sportvorstand und Chef-Kaderplaner Markus Krösche kluge Transfers getätigt und feilte damit weiter an seinem Ruf, aktuell einer der besten und erfolgreichsten Manager überhaupt in Fußball-Europa zu sein.
Die sport.de-Transfernote für Eintracht Frankfurt: 2,0
Borussia Dortmund: Hat der BVB zu wenig gemacht?
Die sportliche Leitung um Geschäftsführer Lars Ricken und Sportdirektor Sebastian Kehl sah sich zuletzt der Kritik ausgesetzt, auf dem Transfermarkt zu wenig getan zu haben. Als externe Neuzugänge standen wochenlang nur Königstransfer Jobe Bellingham und Ersatztorwart Patrick Drewes fest, außerdem wurden die Leihspieler Daniel Svensson und Yan Couto fest verpflichtet.
Mehr aus der Not heraus wurde auf der Zielgeraden des Transfersommers noch Innenverteidiger Aaron Anselmino ausgeliehen (ohne Kaufoption!), außerdem noch Carney Chukwuemeka und Fabio Silva für über 40 Millionen Euro fest verpflichtet. Ob sie sich als Stammspieler beim BVB durchsetzen werden, ist noch völlig offen, zumal ihnen die komplette Saisonvorbereitung unter Cheftrainer Niko Kovac fehlte.
Eines muss dem BVB aber unbedingt zugute gehalten werden: Aus einer funktionierenden Mannschaft, die saisonübergreifend mittlerweile seit zehn Spielen ungeschlagen ist und genauso viele Punkte geholt hat wie der Dominator FC Bayern, konnten alle Leistungsträger gehalten werden.
Ob Gregor Kobel, Karim Adeyemi, Serhou Guirassy oder auch der noch verletzte Nico Schlotterbeck: Die Schwarz-Gelben hielt seine größten Namen in diesem Sommer allesamt im Klub und ist bereit, den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen und zumindest wieder zur zweiten Kraft in der Bundesliga aufzusteigen.
Die sport.de-Transfernote für Borussia Dortmund: 4,0