Nicht noch eine Rolle rückwärts! Zugegeben, die Transfer-Posse um Nick Woltemade hat einiges zu bieten. Allen Beteiligten ist nun aber zu wünschen, dass sie für diesen Sommer wirklich (wirklich!) beendet ist. Ein kommentierendes Plädoyer.
Im Filmgeschäft gibt es die legendäre Goldene Himbeere, einen Preis für nicht ganz so gelungene Produktionen. Das Pendant im Transferbusiness fehlt bislang. In diesem Jahr würde die Transfer-Himbeere wohl an die Saga rund um Nick Woltemade gehen.
Seit Ende Juni, also fast acht Wochen, geht es nun hin und her zwischen München, Stuttgart und dem Woltemade-Lager. Es entspann sich eine nicht enden wollende Geschichte mit Durchstechereien, Wasserstandsmeldungen und Statements aus allen Richtungen. Langweilig wurde es fast nie. In der Sache ist jedoch nichts Substanzielles passiert.
Denn Stand jetzt bleibt Woltemade in Stuttgart. Anders ausgedrückt: Er muss bleiben. Der Transfer scheint endgültig geplatzt zu sein. Klappe zu, Transfer tot. Jetzt wirklich. Oder doch nicht?
Denn was ist im Transfer-Wilden-Westen wirklich auszuschließen?
Transfer-Saga ab in die Akten!
Die VfB-Bosse haben rund um den Supercup in Stuttgart eigentlich Klartext gesprochen. "Wir haben das schon während der Woche geklärt", sagte der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle kurz vor dem Anpfiff bei "Sky", "auch mit dem FC Bayern." Die Lage sei klar: "Die Akte ist geschlossen und Woltemade wird nächste Saison für den VfB Stuttgart spielen."
Drei Angebote des FC Bayern hat der VfB abgeschmettert. Zuletzt stand für den 23-Jährigen die surreale Summe von mehr als 60 Millionen Euro im Raum. Damit wäre er nach Florian Wirtz und Kai Havertz der drittteuerste deutsche Transfer der Geschichte.
Es mangelt dennoch nicht an Stimmen, die weiter an eine finale Kehrtwende glauben. Auch die Aussagen von Bayern-Sportdirektor Christoph Freund lassen Spielraum: "Das Transferfenster schließt am 31. August beziehungsweise am 1. September, und im Fußball kannst du nie etwas 100 Prozent ausschließen", hatte Freund rund um den Supercup gesagt.
Dabei wäre es wirklich das Beste für alle, wenn diese Transfer-Saga, wie von Wehrle beschrieben, zu den Akten gelegt wird. Zumindest bis zum nächsten Sommer oder Transferfenster.
Davon würden beide Klubs und auch der Spieler profitieren. Die vergangenen Wochen wirkten teils wie Slapstick, die Aufgeregtheit erreichte ungesunde Höhen, die Fronten schienen verhärtet.
Für Bayern, Stuttgart und Woltemade vorerst das Beste
Der FC Bayern muss sich nicht länger mit den Abfuhren aus Cannstatt beschäftigen und kann sich voll auf (kostengünstigere) Alternativen wie Christopher Nkunku konzentrieren.
Die Münchner haben viel Zeit und Energie in die Transferbemühungen gesteckt, könnte diese nun woanders und vermutlich erfolgreicher einsetzen. Zuletzt hieß es in Berichten, manch einer an der Säbener Straße habe das Gefühl, sich vom VfB "am Nasenring durch die Manege führen" zu lassen. Die Bayern würden wieder die Vorhand ergreifen.
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Auch der VfB Stuttgart wirkte zwischendurch (Deadline!) getrieben, kann mit dem Woltemade-Verbleib die Kaderplanung wirklich abschließen. Die Schwaben suchen noch einen Ersatz für den nach Saudi-Arabien abgewanderten Enzo Millot.
Falls Woltemade doch noch wechseln sollte, müsste der Klub nachlegen und geriete gegen Ende des Transferfensters in Handlungsnot, die Preise würden weiter steigen. Ansonsten aber würde der VfB unterstreichen, dass er tatsächlich standhaft geblieben ist und den Verlockungen aus München widerstanden hat. Das passiert nicht alle Jahre (siehe Ito, Pavard, Gomez …).
Woltemade könnte das Transfer-Hickhack um seine Person, das ihm augenscheinlich wenig Freude bereitet und ihn seit dem U21-Finale über Testspiele bis zum Supercup begleitet hat, vorerst beiseite schieben und sich auf die kommende Saison konzentrieren. Und die hat es für die Schwaben und Woltemade in sich.
Für den Shootingstar der vergangenen Saison gibt es genügend Möglichkeiten, sich zu zeigen und die gute Dreiviertelsaison aus 2024/25 zu bestätigen. In der Liga will der Klub wieder nach oben blicken, im Pokal geht er als Titelverteidiger ins Rennen und in der Europa League (live bei RTL und auf RTL+) kann sich der Angreifer auf europäischer Bühne präsentieren und sich für die WM 2026 in Schwung bringen.
Die nächste Poker-Runde beginnt dann früh genug – spätestens im Sommer 2026. Hoffentlich dann nicht ganz so Himbeer-verdächtig. Bis dahin können zwischen Neckar und Isar alle einfach kräftig durchatmen.