Mit dem 4:0-Testspielerfolg gegen Tottenham Hotspur hat der FC Bayern am Donnerstag ein dickes Ausrufezeichen gesetzt. Es war ein Spiel vieler kleiner Geschichten, die einen Vorgeschmack auf die kommenden Monate geben könnten. Das sind die wichtigsten fünf Erkenntnisse:
Spielfreude im Überfluss, aber Diaz braucht noch Zeit
Wer im Härtetest gegen Tottenham ein Duell auf Augenhöhe erwartet hatte, wurde vom FC Bayern schnell eines Besseren belehrt. Fast im gesamten Spielverlauf zeigte sich ein Klassenunterschied.
Auf der einen Seite eine Premier-League-Mannschaft, die unter einem neuen Trainer noch Zeit braucht. Auf der anderen Seite der deutsche Rekordmeister, der vor lauter Spielfreude fast das Toreschießen vergaß.
Dass die Treffer zwei bis vier erst ab der 60. Minute fielen, war vielleicht das einzige echte Versäumnis der Bayern. Denn schon zuvor spielte man sich mit temporeichen Kombinationen Chancen im Minutentakt heraus.
Neuling Luis Diaz wirkte ebenfalls schon recht gut ins System integriert. Ihm fehlt bislang aber die Effektivität. Wie schon im Test gegen Olympique Lyon (2:1) agierte der Kolumbianer vor dem Tor glücklos.
Keine Angst vor der Zeit ohne Musiala
Die Verletzung von Jamal Musiala war der große Wermutstropfen der Klub-WM. Mit seiner Sprunggelenksfraktur fällt der Offensivstar noch mindestens bis zum Jahresende aus. Doch die Gala gegen Tottenham hat gezeigt, dass die Münchner keine Panik vor den kommenden Monaten haben müssen.
Am Donnerstag beorderte Kompany Michael Olise auf die Zehn - und der war der Rolle auf Anhieb mehr als gewachsen. Mit Spielintelligenz, gutem Positionsspiel und klaren Ideen im vorderen Drittel riss der Franzose wieder einmal das Geschehen an sich.
Als Freigeist auf den zentralen Position könnte sein Einfluss womöglich sogar noch größer werden als in der bärenstarken Vorsaison auf dem Flügel.
Keine Pause? Keine Problem!
Rund um die Klub-WM hatten viele Beobachter vor den gewaltigen Strapazen gewarnt. Beim FC Bayern scheint die Mini-Sommerpause zunächst keinen negativen Einfluss auf Körper und Geist gehabt zu haben.
Das Pressing gegen Tottenham war gewohnt griffig, Konrad Laimer beackerte die Außenbahn einmal mehr wie ein Besessener und zwischen den Bayern-Angriffen blieb mitunter kaum Zeit zum Luftholen.
Selbst Kompany staunte im Anschluss über das Leistungsniveau der eigenen Spieler. "Die mentale Bereitschaft ist wichtig, und die haben wir heute gezeigt. Es war ein bisschen überraschend, dass die Jungs heute schon so eine Leistung bringen. Das hatte ich noch nicht zwingend erwartet", so der Cheftrainer.
Endlich wieder junge Hoffnungsträger vom Campus
Letztlich war es fast schon kitschig, dass ausgerechnet zwei Teenager vom eigenen Campus die bayrische Party in der Allianz Arena abrundeten. Lennart Karl und Jonah Kusi-Asare trugen sich jeweils mit Traumtoren in die Torschützenliste ein.
Beiden attestierte Sportvorstand Max Eberl, dass sie sich in den letzten Wochen mit viel Engagement ihre Chance verdient hätten. "Sie integrieren sich, sie hören zu und dann kommt so etwas dabei heraus", lobte der Boss.
Zum Saisonstart wird wohl vor allem Karl fester Bestandteil der Rotation sein. Längst winkt ihm beim FC Bayern außerdem ein neuer Vertrag.
Nach langer Flaute am Campus gibt es durchaus berechtigte Hoffnung, dass ein Shooting-Star aus den eigenen Reihe in diesem Jahr den ganz großen Sprung schaffen könnte.
Der FC Bayern braucht noch Kadertiefe
In der aktuellen Situation ist der FC Bayern allerdings nur eine größere Verletzungsmisere davon entfernt, dass von Cassiano Kiala, Lennart Karl oder Jonah Kusi-Asare plötzlich der sportliche Gesamterfolg einer Saison abhängt.
Das wäre sicherlich für manchen Bayern-Fan ein charmantes Szenario, passt aber nicht zum Selbstverständnis der Münchner als Weltklasse-Mannschaft, die die Champions League gewinnen will.
Die Kader-Tiefe bleibt nach den Abgängen von Leroy Sané, Thomas Müller, Joao Palhinha und Co. das große Fragezeichen. In München geht man mit der Thematik erstaunlich locker um.
Eberl betonte, dass nach der Verpflichtung Luis Diaz nun erst einmal der Druck verschwunden sei. Nach Ansicht der Münchner besteht kein zwingender Bedarf für weitere Einkäufe. Den Poker um Nick Woltemade erklärte Eberl zudem für beendet.
"Wir haben uns um den Spieler bemüht, Stuttgart hat nicht signalisiert, reden zu wollen. Damit ist die Sache für uns vom Tisch", machte der Sportvorstand deutlich.
Ob es dabei bleibt oder das Tagesgeschäft die Chefetage schon bald wieder einholt, bleibt abzuwarten.

























